taz-Titel und Kommentar zu Touristifizierung auf Mallorca und anderwso

An das Wort Gentrifrizierung hat man sich gewöhnt, nahezu jeder weiß mit dem Begriff heutzutage etwas auszufangen. Viele leider auch aus eigener Betroffenheit.

Touristifizierung ist ein ähnliches Phänomen – und muss stärker diskutiert werden. Denn die Auswirkungen des Reisebooms auf beliebte Reiseziele sind enorm.

In der Mittwochsausgabe der taz berichtet Jo Martiny aus Mallorca, wo Anwohner mittlerweile protestieren, weil sie die Mieten nicht zahlen können. Denn in die Wohnungen drängen die Reisenenden.

Und wer ist daran Schuld?

Ich! Ich und all die anderen Individualreisenden, die nach dem echten Leben in der Fremde suchen – und es damit zerstören, schreibe ich im Titelkommentar auf Seite 1.

Und wie gestaltet man dazu die Titelseite?

Erste Idee: ein übervoller Strand und den Schlagzeilenklassiker „Die Grenzen des Wachstums„.

Zweite Idee, zu der mich das erfrischende Planschfoto aus Mallorca inspiriert hat, das Fotoredakteur Erik Irmscher gefunden hat: „Mallorca geht baden“

Dritte Idee: „Mallorca geht baden“ über dem vollen Strand.

Ich habe alle drei mal ausdrucken lassen und Reaktionen hier im Haus eingesammelt:

Das Problem: Für alle drei Titel gab es klare Befürworter und harte Kritiker. Die einen lobten die „Grenzen des Wachstums“, weil es präzise das Thema benenne, die anderen fanden das zu altbacken. Die einen lobten das Badefoto, weil es so einladend erfrischen ist und mit der Doppeldeutigkeit der Zeile spielt, die anderen verstanden die gar nicht und meinte, es führt zu sehr in die Irre. Die dritten lobten die „Baden“-Zeile über dem vollen Strand, weil sie zum Thema führe, die anderen lehnten sie ab, weil es eine Text-Bild-Schere gebe, schließlich gehe da niemand ins Wasser.

Und dann?

Haben wir uns für das Planschfoto entschieden. Einerseits, weil es eben so erfrischend ist und wir selbst am liebsten sofort reinspringen würden. Andererseits, weil genau das das Problem zeigt: Reiseziele sind verlockend, man will da hin, auch wenn man weiß, dass es ökologisch und sozial unverträglich ist.

Deshalb auch die Bild-Unterzeile: „Leider verlockend: die Bucht Cala Varques auf Mallorca. Airbnb bietet über 300 Unterkünfte in weniger als fünf Kilometern Entfernung.“

 

 

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