taz-Titel + Kommentar: Die Macht am Strand

Manche Tage nehmen eine sehr unerwartete Wendung. Zum Beipsiel in der Sommerzeit. In der Welt war nicht allzuviel los. Es gab neue Absurditäten von Donald Trump und ich hatte überlegt, eine Titelseite dazu zu machen. Mit der These, dass ihm die wachsende Zahl seiner politischen Feinde auch innerhalb seiner Partei am Ende nur nutzen werde.

Aber die KollegInnen waren Trump-müde und favorisierten eine Meldung aus Italien, wo die Polizei jetzt am Strand gegen Urlauber vorgeht, die dort nachts Handtücher und Liegen platzieren, um sich einen Liegeplatz in der Sonne zu sichern. Ja, dachte ich, ein spannendes Thema, vor allem in der Sommerzeit. Aber wie unterfüttert man das, ohne dass es peinlich wird.

Die Reiseredakteurin Edith Kresta schrieb eine kleine Homage an die Strandliege, die wir als Portrait auf der 2 druckten. Aber das reichte mir nicht. Eine ganze Reihe der AutorInnen, die mir für eine steile These, einen guten Talk in den Kopf kamen, waren selbst im Urlaub oder anderweitig verhindert. Und der Kollege Ambros Waibel, ganz nebenbei noch  ein echter Italienkenner, lies sich zwar nach längerem Gespräch überreden „was“ zu schreiben, war aber selber skeptisch, ob das trägt, und meinte zu mir, ich solle doch selbst, schleißlich habe ich längst eine Idee im Kopf.

Die wiederum kam von unserer stellvertretenden Chefredakteurin Katrin Gottschalk, die sich zu erinnern meinte, dass sich ein Philosoph mal  mit dem Problem der Liegestuhlbelegung befasst habe. Mit einer kurzen Google-Recherche bin ich dann auf Niklas Luhmann gestoßen, der wiederum den Soziologen Heinrich Popitz für dessen Analyse lobte. Die findet sich in dessen Buch „Phänomene der Macht“, in dem er äußerst klug und spannende von der Bildung eines Zwei-Klassen-Systems an Bord eines Schiffes durch die Okkuoierung von Liegestühlen erzählt.

Das habe ich dann eigentlich nur kurz zusammengefasst und mit einer kleine eigenen These ergänzt, schon war mein Text fertig.

Fotoredakteur Mathias Königschulte und die Layouterin Sonja Vogel haben dann mit hilfe eines Handtuchs aus dem taz-Shop den passenden Untergrund gebildet. Fertig.

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Das verboten hat sich dann auch noch an den Strand gelegt.

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